Frisuren setzen Zeichen: Rebellion oder Anpassung, alles hat seine Trageart. In diesen Tagen wächst raus, was rauswachsen sollte. Die eigene Eitelkeit sowie die Dauerwelle des letzten Friseurbesuchs. Und übrig bleibt was man bereits an der Gesamtlage der Nation sehen kann: ein etwas formloses Durcheinander. Meine geschätzten Kollegen dürfen in einigen Tagen zumindest die Frisur wieder in Form bringen. Wer hätte das gedacht, dass sich die Prioritäten innerhalb so kurzer Zeit in alle erdenklichen Richtungen verschieben. Vielleicht lässt sich dies auf die Lage übertragen; Kanten trimmen am eigenen Verhalten, radikale Veränderungen im Umgang mit den eigenen Möglichkeiten.
Wagt doch mal etwas Neues!
Probiert doch selbst die Schere zu schwingen. Als ehemalige selbstständige Friseur-Meisterin bin ich meinem Umfeld dankbar, dass Haare nun seit Wochen gegenseitig in Zweisamkeit gestutzt werden. Das sollte inzwischen selbst meine Friseur Kolleg*Innen erfreuen, die Ihren Kund*Innen bislang „verboten“ haben selbst Hand anzulegen. Ich hoffe doch sehr, dass Menschen die sich nach einer haarigen Veränderung sehnen, die solidarische Fairness besitzen, Ihre Friseur*Innen nicht in die Schwarzarbeit zu drängen. Das wäre in vielerlei Hinsicht unverantwortlich.
Einige werden unser schönes, altes Handwerk wieder mehr zu schätzen wissen, andere entwickeln eventuell sogar Freude an der Arbeit mit Haar und Schere.
Werdet kreativ, wie es in unzähligen anderen Bereichen auch schon der Fall ist. Und mittlerweile ist es ja auch absehbar, dass die Friseur*Innen Euch ganz bald wieder die Frisuren kürzen und korrigieren.

Entspannt euch, zieht die Jogginghose an: Es gibt Wichtigeres als Haare. Vor allem kann ich aus meiner langjährigen Erfahrung sagen, dass eine gute Frisur auch nach Monaten in erster Linie länger – und nicht schlechter ist.